Reifenpanne irgendwo |
Meine erste grosse Reise ohne den helfenden Beistand meiner Eltern oder einer Bande von Kumpels, auf deren Schultern Verantwortung einigermassen gerecht verteilt werden konnte, fuehrte mich 1977 nach Sued-Ost-Asien. Meine Freunde Herwig und Ingelore hatten sich schon fruehzeitig zwecks Gruendung einer Familie aus dem urspruenglich geplanten Trip zu viert verabschiedet, sodass nur meine damalige Freundin Bina (uebrigens Mutter unserer zauberhaften Tochter Sophia) und ich die Reise ins voellig Unbekannte wagten. Einige Wochen spaeter musste Bina auch aufgeben wegen einer schweren Hepatitis. Versicherungstechnisch durfte ich sie dann sogar nach Hause begleiten, oder besser bringen; Bina war in keinem sonderlich stabilen Zustand damals... Und wenn Bina mir dann nicht ihr nicht ausgegebenes Geld in die Hand gedrueckt haette und mich eindringlichst aufgefordert haette, nochmal, aber dann allein, nach Indien zu reisen, wer weiss, wie sich meine Einstellung zur Entdeckung ferner Laender und fremder Kulturen sonst entwickelt haette. Gluecklicherweise traf ich dann in Martina die Entsprechung meiner Lebensphilosophie...
Da sass ich nun in Teheran im Showroom eines Autodealers, dessen BMW ich von Muenchen kratzer- und beulenfrei ueber 6000 km von Okzident zu Orient gepeitscht hatte... und mir war zum Heulen zumute vor Heimweh... Aber ich hatte doch schon allen gesagt, dass ich ein Jahr weg bleiben wollte und jetzt kann ich doch nicht schon nach ein paar Wochen wieder in Osnabrueck auftauchen...
Interessanterweise hat sich das Heimweh im selben Masse gelegt wie der taegliche Ueberlebenskampf zunahm. Futter musste her. Meine extrem duerftigen englischen Sprachkenntnisse haetten zu meinem sicheren Hungertod gefuehrt. Ob Ihr's glaubt oder nicht: ich war frueher mit unglaublich wenig Selbstbewusstsein gesegnet und jede persoenliche Ansprache wurde wenigstens mit Erroeten erwiedert und meist noch mit voellig unverstaendlichem Gestammel. Besonders wenn das andere Geschlecht im Spiel war... Ich musste also meine ganzen pantomimischen Faehigkeiten, gepaart mit allen Redewendungen aus frueher besuchten Urlaubslaendern, in die Waagschale werfen um an Essen zu gelangen, was ja weiter nicht schwer ist, Essen rennt ja nicht gleich weg. Aber in Lahore ein Zugticket zu kaufen, da ist der ganze Mann gefragt. Da muss man auch schnell seine vorerst zum Eigenschutz aufgebaute Verschlossenheit aufgeben, damit spaeter die Sitznachbarn auf das Gepaeck aufpassen, wenn man mal wo hin muss, oder ihr Essen mit einem teilen. Immerhin dauert so eine Zugfahrt in Asien manchmal Ewigkeiten...
Eigentlich hatte ich aber immer den Eindruck, dass der Druck mir gegenueber nur so gross war, wie ich selbst dagegen halten konnte. Keine Kohle, macht nix, wirst eingeladen... kein Schlafplatz, egal, kannst bei mir poofen... Das war schon nicht so schlecht damals.
Wie das heutzutage aussieht, kann ich noch nicht sagen. In Europa und den USA sind Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft wohl eher die Ausnahme (aber nicht ausgeschlossen), von Sibirien und den Stan-Laendern hoert man ja eher das Gegenteil. Und darauf freue ich mich am meisten.
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