Marokko 2015 Motorradrallye

München +++ Monaco +++ Marrakesch

Sonntag, 31. Mai 2015

von Tinerhir nach Zagora und weiter nach Marrakesch






Der gestrige Tag hat tiefe Spuren in unseren geschundenen Rallyefahrerseelen hinterlassen. Wir wollten nur noch auf möglichst grossen Hauptstrassen nach Zagora, ohne Piste, ohne Wasserdurchfahrten, ohne Anstrengung. Jeder von Marcos Alternativvorschlägen wurde schon im Keim erstickt, weil wir weder dem Navi trauten noch seinen hellseherischen Fähigkeiten, dass die Alternative der bessere Weg sei. Ausserdem mussten wir wirklich Strecke machen, weil wir noch zu den Dünen am Rand der Sahara wollten, die ganz im Süden auf uns warteten.





Grundsätzlich geändert hat sich das Klima. Deutlich über 30° ist das Thermometer nun geklettert und unsere nassen Stiefel und Regensachen sind in nullkommanix trocken gefahren. Das war wirklich das erste Mal, dass unsere metereologischen Erwartungen seit Abfahrt aus München voll erfüllt wurden. 




Die Aufgabe, Kamele zu fotografieren, haben wir mit Bravour erledigt. 



Auch das Ortsschild von Tazzarine wurde erfolgreich abgelichtet und am Zielhotel in Zagora stand die Kopie des Karawanenschilds “Tomboctu 52 Jours”. 



Da wollten wir jetzt nicht mehr hin, aber nach dem Einchecken in unser Hotel und dem Abladen unserer Sachen sind wir noch rasch zu den Dünen Richtung H’Mamid gedüst. Auch wenn uns jeder der Touareg Geld abknöpfen wollte fürs Fotografieren ihrer Kamele und ihrer Dünen war es doch der erste wirkliche Wüstensand, den wir zu sehen bekamen.








Unser von Jörg vorgebuchtes Hotel war wirklich klasse. Von aussen unscheinbar eröffnet sich im Innern immer eine Oase der Glückseeligkeit. Zimmer im maurischen Stil in Lehmfarben und mit Seidentüchern und –vorhängen verziert, Bilder und Skulpturen aus der Region liefern in fast allen besuchten Hotels ein Szenario aus Casablanca, Lawrence von Arabien und 1001 Nacht. Ich hätte mir etwas mehr Zeit zum Abwohnen dieser architektonischen Kostbarkeiten gewünscht, aber Rallye ist Rallye.









Tags darauf mussten wir nur noch zum Gesamtziel Marrakesch fahren. Die Ausfahrt aus Zagora hat gleich für Verwirrung gesorgt, weil die nötige Disziplin wieder gefehlt hat, auf einander zu schauen und die Reihenfolge einzuhalten. Später dann haben Andrea und Marco allein eine Reifenpanne reparieren müssen, weil ein Anhalten von Andrea als Fotopause misinterpretiert wurde. Das war unnötig.





Die hohen Passstrassen im Atlas mit ungezählten Serpentinen waren atemberaubend.

Wir haben uns kurz vor Marrakesch wieder getroffen und sind dann gemeinsam ins Ziel gekommen. Nicht als erste, aber bei Weitem auch nicht als letzte.



Abends haben wir uns dann ein wenig selbst gefeiert für das Erreichen des Ziels und das Geleistete auf den letzten 5500 km.

Samstag, 30. Mai 2015

von Midelt nach Tinerhir



Die erste halbe Stunde geht wieder mal mit der Suche nach der richtigen Ausfahrt aus der Stadt drauf. Ich bestehe nun immer früher darauf, der Karte oder meinem Instinkt zu folgen, wenn wir augenscheinlich in die falsche Richtung fahren, als dem Navi.




In unserem Roadbook stehen für heute ein paar Flussdurchfahrten, Fotos vom Hochland der Atlas-Region und von der Todra-Schlucht. Es sollte ein derkwürdiger Tag werden.




Ein Pass, der Cirque de Jaffar, war nur auf Piste zu erreichen und nach unserer gestrigen Offroaderfahrung im Gebirge hat uns die Anfahrt auf den ersten 20 km schon gereicht. Alle anderen Kollegen kamen uns entgegen, nachdem wir umgekehrt waren, um nach einer asphaltierten Alternative zu suchen.




Die ersten Stunden des Tages waren da schon verplempert und geschafft hatten wir kaum etwas. Wir waren immer noch in der Nähe von Midelt und es waren noch etwa 300 km zu fahren. Nach dem Mittagspicknick ging’s dann richtig los. 




Der ungewöhnlich regenreiche Mai des Jahres hat Bäche in reissende Flüsse verwandelt, Strassen in Schlammpisten und Asphalt in Geröll. Wir hatten wohl mit der einen oder anderen Bachdurchfahrt gerechnet, nicht aber damit, an die Grenzen, oder für einige weit darüber hinaus, unserer Fähigkeiten zu stossen. Immer wieder mussten die Motorräder mit Hilfe aller durch die Furten getragen oder wenigstens escortiert werden, was mehr oder weniger gut gelang. Dazu kamen Pisten mit tennisballgrossen Steinen in Steigungen und steilen Abfahrten. Die 300 km wollten einfach nicht schmelzen.






Martinas innovatives Übersetzen über einen Fluss mit einem Maultier war ein willkommenes Fotomotiv. Während ich ihre Maschine durch die Fluten gepeitscht habe...




Ich hatte mindestens 15 Flussdurchfahrten hinter mir, war wegen der körperlichen Anstrengung komplett durchnässt und fror anschliessend wie ein Schneider, weil mein wasserdichtes Regenzeug die Nässe nun  zuverlässig am Körper hielt. Und immer noch war die Hälfte der Strecke zu fahren.




Mein Ton den anderen gegenüber wurde zunehmend rauher, einzig dem Umstand geschuldet, noch vor der Dunkelheit unser Etappenziel zu erreichen. Die Todra-Schlucht hätte ein echtes Highlight werden können, so aber sind wir nur schnell durchgerauscht, haben unsere Fotos geschossen und sind kurz vor dem Dunkelwerden  in Tinerhir eingetroffen.




Ein anderes Team hinter uns hatte nicht ganz so viel Glück wie wir. Ein Fahrer hat sich in der Dunkelheit abgelegt und sich seinen bereits lädierten Knöchel ein zweites Mal geprellt. Soviel zum Fahren bei Dunkelheit.





Das war einer der härtesten Tage in meiner langen Motorradkarriere und die grösste Bewunderung von Seiten unserer Mitstreiter galt unseren Frauen, die sich mutig und tapfer dieser Herausforderung gestellt haben.


 

von Fes nach Midelt



Let’s Fes it. Die Aufgabenstellung sah heute vor, einen bestimmten Pass, ein bestimmtes Minarett und eine bestimmte Quelle zu finden. Nach unserem Etappensieg bei strömendem Regen gestern eigentlich ein Spaziergang.




Doch nichts ist einfach auf dieser Rallye. Fes hat noch nicht das typisch trockene Wüstenklima, das nötig ist, unsere nassen Klamotten in einer Nacht wirklich durchzutrocknen.So sind wir denn mit mindestens klammen, wenn nicht sogar noch patschnassen Sachen losgefahren in der Hoffnung auf die langersehnte Wärme Afrikas. “Südlich des Alpenhauptkamms könnt Ihr die Regensachen vergessen”  ist ein Zitat, dass Rennleiter Martin zugesprochen wurde, das aber auch so dermassen falsch war...





Die Landschaft ist grossartig. Durch kleine Berbersiedlungen im Hochland ging es in unzähligen Serpentinen nach Süden. Mir haben sich die Szenerien ins Gedächtnis gebrannt, wo Kinder barfuss bei niedrigsten Temperaturen auf den verschlammten Wegen rumrannten in Ermangelung von passendem Schuhwerk. Dieser bitteren Armut begegnen wir nun mit unseren HighTech-Motorrädern in jedem Kaff. Ungezählte Kinderhände strecken sich uns entgegen und sagen uns pantomimisch, dass wir ein klein wenig helfen sollen mit einem Kugelschreiber, etwas zu essen oder ein paar Münzen. Das geht natürlich bei dieser unüberschaubaren Menge an Bedürftigkeit nicht, was aber nichts an dem Widerspruch unserer Fahrt durch diese erbärmlich unterentwickelte Region ändert.




Es gibt zwei Arten von Hunden. Die einen sind die Betahunde, verschreckte, wahrscheinlich häufig vermöbelte Köter, die keiner will und die nur verscheucht werden. Und dann sind da die Alphahunde. Mutige, mit ihrem eigenen Leben verteidigende Hirtenhunde, deren Aufgabe es ist, jedes Schaf in Marokko vor vorbeiflitzenden Motorradfahrern zu behüten, und sei es, in den Waden jedes einzelnen Fahrerbeins seine Spuren zu hinterlassen. Die waren es eigentlich, vor denen wir uns vor der Reise geimpft hatten. Glücklicherweise ist noch nichts passiert...


Den Pass fanden wir leicht. Bilder davon gibt’s reichlich nur das Wetter war immer noch wie eher in Norwegen im April. Regenschauer wechselten sich mit Nichtregen ab, temperaturmässig blieb die Veranstaltung unterkühlt. 





Das Minarett haben wir auch gleich entdeckt und dann an Ort und Stelle einen Lunch eingenommen, einen marokkanischen Eintopf mit Gemüse und Fleisch unserer Wahl.

An der Quelle dann haben wir schnell die Belegfotos geschossen, weil wir schon arg in zeitlichem Verzug waren. Ausserdem wurden die Strassen durch Regen und Schlamm immer schwieriger zu befahren.




Abends im Hotel bei der Ankunft in Midelt haben wir uns von den anderen Teilnehmern berichten lassen, wie ihr Tag so war. Wolfgang hatte einen mittelschweren Sturz mit angeknachster oder wenigstens geprellter Rippe. Seine Maschine hat nun keinen Blinker mehr und keinen Rückspiegel.




Wie immer haben wir das Aufprallen auf dem Kopfkissen nicht mehr bewusst wahrgenommen.